LochBar live aus Berlin 2025 (III)

Posted on February 02, 2025 by Kathi

“Über sieben Tische musst du geh’n, sieben Maximumversuche überstehen, siebenmal wirst du in der dritten Zone sein, aber einmal auch im Trophäenschein.” Wir haben ein herrlich-kitschiges Finalwochenende in Berlin mit zwei lange verkannten Sympathieträgern im Endspiel um die Brandon Parker Trophäe im endlich wieder ausverkauften Tempodrom. Hinter einem Finalisten in Begleitung eines anderen Profis bin ich am Montagmorgen ein Stückchen hinterhergegangen auf dem Weg zum Shopping-Treffpunkt mit Snookerstilikone Lula am Potsdamer Platz. Ich hätte gerne für euch belauscht, worum es ging, aber die in leicht grummeliger Laune geführte Unterhaltung bestand auf den 100 Metern in Hörweite zu einem so großen Anteil aus dem Satz “you know what I mean, mate?”, dass sich mir das Thema ähnlich wenig erschlossen hat wie die Snookerzonenaufteilung im Tempodrom.

Dort ist neuerdings feinsäuberlich durchnummeriert, wer in welche Snookerzone darf. Und wer jemanden dorthin mitnehmen darf. Gleiches Prinzip wie im Crucible, bereitet sich Berlin etwa doch auf ein künftiges fünftes Triple-Crown-Event vor? Das Problem bei der Sache: Das Tempodrom ist kein kleines Theater wie das Crucible in Sheffield – es ist ein einziger Irrgarten mit sehr vielen in sehr viele unterschiedliche Richtungen zu öffnenden Türen. Um in die Pressezone zu gelangen, musst du entweder durch die VIP-Area mit den Häppchen und dem Snookertischchen im Foyer, was du eigentlich nicht darfst. Oder an den Trainingstischen und der Arena vorbei, was du eigentlich auch nicht darfst. Es bleibt ein schmaler Grat zwischen Trainingstischen und TV-Produktionsschreibtischen, auf dem du hoffentlich ohne einen Stecker zu ziehen über sehr dicke Kabel balancierst. Es bleibt ein alljährliches Abenteuer, das belohnt wird mit dem einzigartigen Blick in die Menge vom Arenaboden aus, wenn Marcel Eckardt dir noch einen lustigen Spruch zuraunt und der gänsehautfördernde und überhaupt einfach perfekte Snookerjingle erklingt.

Eine Frage, die mich seit einiger Zeit umtreibt: Haben wir solche Snookerzonen in Snookerdeutschland? Und wäre es nicht besser, wenn wir sie nicht hätten? Ich bin sehr dankbar, dass Christian und ich mit den Kolleg:innen von SnookerPRO in einer Snookerzone der gegenseitigen Wertschätzung und Unterstützung wohnen. Es gibt nur wenige Leute, die quasi ehrenamtlich über Snooker berichten – einen Reisschnapps mit Jimmy Whites Gesicht auf dem Schnappsglas auf uns! Wenn uns jemand besucht in unserer Snookerzone – der liebe Martin von Plattsport etwa oder auch die Kollegen von den klassischen Medien oder unsere Helden aus Großbritannien –, werden wir von Herzen zu Tempodrom-Tourguides, zu Ranglistenundregelflüsterern und zum Willkommenskommittee. Aber wer winkt uns zu aus der nächst-offizielleren Snookerzone? Wer hilft uns, dass am besten ganz Snookerdeutschland von unseren Gratisangeboten weiß und sie bei Interesse nutzen kann – gerade in komplizierten Zeiten bei Social Media? Das muss nicht schwer sein: ein Kompliment hier, ein Shoutout da, ein Aneinanderdenken dort, ein Gespräch drüben in der Ecke. Wer das nicht lebt, verkauft die begeisternde Nahbarkeit des Sports am Ende für einen VIP-Zonen-Pass. Wir balancieren weiter auf dem Kabel, ziehen vorerst nicht den Stecker und hoffen das Beste.

Vor zehn Jahren stand ich zum ersten Mal im Tempodrom auf einem Kabelsalat – um die ganzen Erinnerungen und Emotionen der letzten zehn Jahre German Masters mitzunehmen, hätte ich mir eigentlich einen Gabelstapler suchen müssen. Es hätte auch keine bessere Art und Weise gegeben, mein Jubiläum zu feiern – das mir stilecht erst auf der Heimfahrt überhaupt aufgefallen ist – als mit einem Match meines offiziellen Lieblingsspielers in Berlin. Sechs Tische wurden mittlerweile natürlich längst abgebaut im Tempodrom, aber ich sitze emotional gesehen immer noch in der zweiten Session der Woche oben in der Arena und feiere es, wie David Grace seinen ganz großen Auftritt bekommt und einen fantastischen langen Einsteiger locht.

Vor zehn Jahren war er nicht in Berlin dabei, als ich zum ersten Mal im Presseraum bei einem Snookerturnier war und nervöser als David bei seinem Match gegen Judd Trump. (Gut, das ist nicht so schwer, auch bei seinem Match gegen Judd Trump war ich nervöser als er. Wir saßen vorher zusammen in der Players Lounge. Ich innerlich so “aaaaaaaaaaaaaaaah”, er so “oh, ich sollte mich langsam auch mal umziehen, die anderen sind schon soweit.”) Nach 15 Minuten wurde mir 2015 der Twitter-Account von World Snooker in die Hand gedrückt. Nach einer halben Stunde vor Ort sollte ich Mark Selby interviewen. So lief das damals. Ich war dezent überwältigt, und Martin Gould (es geht ihm langsam besser, wir hoffen mit ihm!) hat mir danach in der Players Lounge ganz fürsorglich einen Tee gemacht. Theo Selbertinger und Christian haben sich abends geduldig meine Erlebnisse des Tages angehört. Die deutsche Snookercommunity hat mich nach Kräften unterstützt (und tut das immer noch rührend! Grüße gehen raus!). Mark Selby hat mir ganz freundlich nach seiner Trainingssession das Gefühl gegeben, ich hätte keine dummen Fragen gestellt. Das alles hat mich und mein Verständnis vom Zusammenhalt im Snooker über alle Snookerzonen hinweg bis heute geprägt. Snooker ist ein Einzelsport, Snookermagie eine Gemeinschaftsproduktion.

Kathi