Grüner Teppich draußen, grauer Teppich drinnen, extralanger roter Teppich für die extralangen Walkons. Es ist noch wohnlicher geworden bei der Snooker-WM. Dazu gehört natürlich auch einiges an Hausarbeit und so musste der rote Teppich noch einmal gesaugt werden, bevor die Eröffnungssession beginnen konnte. Nachdem ich den frisch gesaugten Teppich auf Zehenspitzen Richtung Pressezentrum überquert hatte, erwartete mich dort schon geschäftiges Treiben. Letzte Sicherheitskontrollen von der Polizei, erste Liveschalten für die britischen Radiosender. Eine unangekündigte Probe der Walkons, die Rob Walker in seiner Enthusiasmusverbreitungsvorbereitungsphase ordentlich ins Schwitzen brachte. Ken Doherty latschte auch durch den Presseraum, Shaun Murphy hatte sich sogar Frühstück mitgebracht. Big Boss Jason Ferguson war ebenso am Start, samt Sohn und neuem Glitzersnookerteddybär, den ich souvenirtechnisch allen ans Herz legen kann.
Glitzersnooker hatte die erste Session der WM an Tisch 1 zumindest nicht durchgehend bieten – aber darum geht es bei einer Erföffnungssession ja auch nicht. Vielmehr geht es um das kollektive Wiedersehen mit Hazel Irvine und Rob Walker. Um das Einkuscheln in den Vintage-Plüschsitz. Um das Endlichwiederhieresisteineewigkeitherunddochwiegestern-Gefühl. Und genau hier ist das Engagement der diesjährigen Sponsoren zu merken, die offenbar ausnahmsweise weder pleite noch im Grunde vom Snooker gelangweilt sind. Es gibt Goodies für die ganz kleinen Gäste – der Hund vom Green Carpet darf aber nicht ins Crucible rein –, Freibier für die erwachsenen Gäste und einen 25000 £ Spezialpreis für einen ausgelosten Fan in jeder Session: Gibt es ein Maximum in der Session, gibt es Cash. Klingt erstmal recht kapitalistisch, aber hier kommt der Kniff an der Sache: Alle erfahren vor der Session, wer den Preis bekommen würde – ein Riesenspaß beim Warm Up, und Xiao Goudong hatte sich heute Vormittag dann netterweise auch direkt für den Kevin auf den Weg gemacht, es aber leider nicht ins Ziel geschafft. Wer hätte gedacht, dass Selt – Xiao ein unterhaltsames Match werden würde? Am Abend vorher im Graduate ganz sicher niemand.
Während Marcel als Final-Schiedsrichter 2026 die Sympathiewaage in diesem Match alleine ausbalancieren musste, genoss Desi sichtlich ihre erste Session als designierte Finalschiedsrichterin 2025. Zwar musste sie alle fünf Minuten den pinken Ball kompliziert irgendwohinbasteln, hatte ansonsten aber entspannten Vormittag. Auch Malgorzatas Crucible-Debüt war schön inszeniert, vor allem von Session-Partner Olivier, der ihr wunderbar den Vortritt ließ und dann auch noch zur Stimmungslockerung eine Comedy-Einlage zu bieten hatte, als er von diversen Kameraleuten von einer Standposition zur nächsten gescheucht wurde. Wenn wir gerade schon bei Schiris sind: Nehmt euch in Sheffield unbedingt mal ein Uber, vielleicht ist Brendan euer Fahrer. Da hat sich jemand offenbar mit der großen Poolkarriere mehr verzockt als Neil Robertson zumindest in der ersten Session mit seinem auch in meinem Interview angekündigten Masterplan.
Was für ein Glitzerteddybärglanzstück von meinem Dauertipp Chris Wakelin! Was für eine Session! Wie er direkt mit einem Century losgelegt hat! Wie er im siebten Frame mit sich selbst gekämpft hat, als ihm sein Vorsprung klar wurde! Wie er bei seinem allzu abenteuerliche Bastelversuch mit extralangem Hilfsqueue über sich selber lachen konnte! Wie er sich den letzten Frame dann auch noch erkämpft hat! Wie bei Neil vor Schreck sogar vier Haare in der Frisur verrutscht sind! Erinnert sich noch jemand an seine Schaffrisurphase? Neil hatte jedenfalls nichts vom üblichen Crucible-Dominator und prallte viel eher an der Stabilität von Chris ab. Einmal sprang Chris so schnell aus seinem Sitz auf, dass die beiden fast zusammengestoßen wären. Und Chris bewegte sich keinen Millimeter zur Seite. Keinen Millimeter. Kein Beef, kein Drama, einfach stabil.
Kathi