Sie dreht sich wieder, die Snooker-Welt. Nach drei holprigen Jahren hat sich auf der Main Tour in dieser Saison – nicht zuletzt auch dank der Rückkehr nach China – etwas Normalität eingestellt. Die Corona-Pandemie hatte nicht nur jeden einzelnen, sondern letztlich die gesamte Gesellschaft vor Herausforderungen gestellt, die man sich zu aktiven Lebzeiten eigentlich nicht unbedingt wünschen würde. Auch die Sportwelt, hier im Speziellen die Snookerwelt, sah sich mit unvorhergesehen Problemen konfrontiert, die man im Allgemeinen sehr ordentlich gelöst hat.
Als eine der ersten Sportarten überhaupt war Snooker relativ schnell nach dem Lockdown bereit, fortgeführt zu werden. Dazu gehörte der – man könnte ihn so nennen – „Umzug“ der fast vollständigen Snooker-Saison 2020/2021 nach Milton Keynes. Die Marshall Arena und später auch der Ballroom im Stadium MK wurden für ein Jahr zur Heimat der Main Tour. Snooker ging dort als eine der ersten Sportarten mit positivem Beispiel voran. Sämtliche Turniere fanden inklusive Qualifikationen ohne Zuschauerbeteiligung in der sich im Folgenden nur noch durch die Beleuchtung unterscheidenden Halle in Milton Keynes statt. Dieser Umstand machte auf ein sich bereits zuvor einschleichendes Phänomen in nun drastischer Art und Weise aufmerksam: Jedes Turnier fühlte sich im Prinzip gleich an.
Schon vor der Pandemie war das zu spüren, doch nun drängte es sich förmlich auf. Nach wenigen Monaten wusste man die Turniersieger nicht mehr dem jeweiligen Turnier zuzuordnen. Gerade die Home Nations Series, das immer auf die gleiche Weise angewandte Flat Draw und mehrere aufeinanderfolgende Qualifikationen, die weit vor den eigentlichen Turnieren lagen, ließen Ergebnisse, Ereignisse und Pokale mit ihren zugehörigen Gesichtern nach und nach verschwimmen. Dass man dem Ganzen dann noch die Krone aufsetzte, in dem es – Stichwort Championship League – Turniere gleichen Namens mit unterschiedlichen Formaten gab, machte die Sache nicht einfacher.
Schaut man sich die Main Tour 2023/2024 an, stellt man fest, dass die Verantwortlichen in dieser Hinsicht offener und experimentierfreudiger geworden sind. Sei es durch den angepassten Dress-Code bei einigen Events (Shoot-Out, Champion of Champions), die Rückkehr zu traditionellen Formaten (UK Championship) oder die Wahl neuer Spielorte (Tianjin, Swansea). Zur Offenheit zählt sicherlich auch das garantierte Einkommen für alle Profi-Spieler, welches mit der Saison 2022/2023 eingeführt wurde. Ob sich das nun aus der Pandemie ergeben hat oder dadurch nur präsenter in den Fokus der Notwendigkeit gerückt wurde, sei dahingestellt. Überfällig war es allemal.
All die vorgenannten Dinge sind schön und gut und bieten bei aller Positivität weiterhin Verbesserungspotenzial, doch es ist nicht der Hauptaspekt, den man aus der Pandemie gelernt hat. Dieser liegt an anderer Stelle und ist doch so einfach, greifbar und logisch: Es sind die Fans vor Ort! Snooker ist ein Live-Sport, der viel von seiner Faszination verliert, wenn ihn niemand „sieht“. Die Fans haben gelitten, als sie 2020 nicht mehr bei den Turnieren live dabei sein konnten, doch (vielleicht) noch ein bisschen mehr gelitten haben die Spieler selbst. Viele berichten, dass sich das Spielen in der leeren Halle eher wie Training oder Club-Turniere anfühlte. Und wer kann es ihnen verdenken?
Was ist schon ein grandioser langer Einsteiger, wenn ihn niemand beklatscht? Eine knapp verpasste Befreiung aus einem Snooker, bei dem kein Publikum den Atem anhält? Eine direkt vor der Tasche liegenbleibende Rote, unbegleitet von einem langsam ansteigenden „uuh“? Ein nicht frenetisch umjubeltes Comeback mit einem Pünktchen Vorsprung am Ende des Frames? Richtig, nicht sehr motivierend. Die Pandemie hat allen vor Augen geführt, dass Snooker seine Fans braucht, nicht nur aus finanziellen Gesichtspunkten. Erst das Publikum sorgt für die einzigartige Atmosphäre, die einen Großteil dieses so faszinierenden Sportes ausmacht. Und das wird man auch diese Woche hier im Tempodrom wieder sehen.