Willkommen, Bienvenue, Welcome! Der Viertelfinalabend beim German Masters ist der ganz große Galaabend – das hat sich auch dieses Jahr bewahrheitet, auch wenn wir weiterhin auf das obligatorische Maximum warten. Warum die Show perfekt war? Na ja, die “erfolgreiche Revue”-Checkliste wurde komplett abgearbeitet.
Es ist Viertelfinalfreitag beim German Masters. Aber es dauert noch ein Weilchen bis zu den Viertelfinals und daher fällt es schwer, diese LochBar nicht direkt mit DEM SKANDAL zu beginnen. Gerade hier in der deutschen Community möchte man DEN SKANDAL gerne zum skandälchen abtun, zumindest ist das mein Gefühl. Aber das finde ich schade. So ein richtiger, sportlicher, nichtwettenbezogener SKANDAL ist in der Snookerwelt doch selten. Da kann man so etwas doch geradezu ein wenig genießen und sich darin baden wie Judd Trump in seiner goldenen Ritz-Badewanne.
Donnerstagmorgen im Tempodrom. Die Nacht war kurz, die Morgensession kommt da genau richtig – sie ist nämlich traditionell gemütlich. Relativ wenig Leute, viel Platz, wenig Bier, nur drei Tische im Einsatz. Super entspannt. Na ja fast: Denn erstens habe ich trotz der immensen Auswahl den knarzigsten Sitz im ganzen Tempodrom erwischt, ganz und gar nicht entspannend. Und zweitens, und vielleicht minimal interessanter, hätte Mark Selby beinahe ein Maximum gespielt. Gelb war einfach schwer und so wurde es am Ende nur eines von drei Century Breaks, die er heute Morgen lässig runtergespielt hat.
So Freunde, sind wir mal ehrlich. Es ist 16:58 Uhr. Ich bin seit 15 Uhr im Tempodrom beziehungsweise beim Italiener um die Ecke. Aber ich war noch nicht in der Arena. Wie kann das sein? Natürlich ist die Versuchung groß, die Jacke in den Presseraum zu schmeißen und sich direkt für die nächsten vier Stunden in der Arena zu vergraben und Snooker durchzusuchten, wie man das auf Neudeutsch wohl sagt. Aber viel wichtiger ist es für mich, erst einmal Leute zu umarmen und Backstage-Luft zu schnuppern.
Endlich ist das Jahr vorbei und für die Jahresrückblickschreiber beginnt die kurze Zeit im Scheinwerferlicht. So viel muss nachbesprochen, wiedergekäut und prophezeit werden – dafür würden zwölf Monate gar nicht reichen! Denn nicht nur geht ein Jahr zu Ende, es fängt auch gleich – wer hätte das gedacht – ein neues an. Stress pur. Doch es handelt sich um positiven Stress, um einen Rausch-Zustand geradezu, denn nichts lässt sich so gefahrlos schreiben wie ein Jahresrückblick oder die unvermeidliche Vorschau.
Die UK Championship schreibt meine Lieblings-Weihnachtsgeschichten, das war schon immer so. Erinnert ihr euch noch an die Halbfinalteilnahme von David Grace vor ein paar Jahren? Völlig unvermittelt, aber komplett verdient. Und dieses Jahr dann Martin O’Donnell. Gut, der ist dann doch schon im Viertelfinale ausgeschieden, hat aber unterwegs eben mal Ding Junhui lässig aus dem Weg geräumt. Überhaupt hatte der Tanztapir ja davor bereits mehr chinesische Profis geschlagen als ich Portionen gebratenen Reis essen kann. Mit Ruhe, Coolness und einer ganzen Reihe an souveränen Safeties, energetischen Einsteigern und beinharten Breaks. Moment, merkt ihr was?
Es wird langsam neblig und das liegt nicht etwa daran, dass Jimmy White unter dem Tisch eine Wasserpfeife raucht. Der Herbst ist da: Heiße Schokolade hat Hochkonjunktur, aber die Plätzchen verkneifen wir uns noch ein Weilchen. Im Snooker beginnt jetzt sozusagen die Ballsaison, eindrucksvoll angekündigt durch die spontane Tanzeinlage von Martin O’Donnell an einer chinesischen Schule. Gut, für den Wiener Opernball reicht das noch nicht ganz – aber der Mann ist hauptberuflich (zum Glück) Snookerspieler.
Boom und schon ist wieder Sonntag. Die Achtelfinals stehen an und so langsam wird es ernst im Turnier. Für einige ist es das erste Achtelfinale überhaupt, für andere die beste Chance, endlich mal ein Turnier zu gewinnen. Da ist Spannung vorprogrammiert, auch wenn Ronnie nicht am Tisch steht. Vielleicht auch gerade weil Ronnie nicht spielt. Die vielen Zuschauer verteilen sich jedenfalls gleichmäßig – kein Wunder, denn das Niveau ist an allen Tischen hoch.
Was passiert, wenn ein Spieler ein Maximum gespielt hat? Richtig: Alle (wirklich ALLE) gratulieren, was ich einfach wahnsinnig süß finde. Wenn wir in Fürth sind, legt noch jemand eins nach. Chris kommt vom Essen wieder. Und: Der Spieler, der die 147 rausgehauen hat, spielt absolut grottig weiter. So war das auch gestern bei Michael Georgiou – nach einem hohen Break zum 1:1 und DEM Break schlechthin musste ich im weiteren Spielverlauf mit 20er Breaks mehr als zufrieden sein.
Fürth ist das Wohnzimmer des Snookersports, dazu ist schon viel geschrieben worden. Nirgends sonst ist dieser Sport so nah, so freundlich, so gemütlich. Doch dieses Jahr ist etwas anders. Plötzlich mussten wir uns fragen, ob in unserem komfortablen Wohnzimmer noch alles beim Alten sein würde – oder hatte Tante Pekunia heimlich alles umgeräumt? Die vielen Absagen der Top-Spieler haben diese Frage aufgeworfen. Denn was letztes Jahr noch als leichte Schwächephase angesehen wurde, ist nun ein handfester Abwärtstrend. Wie würden die Zuschauer reagieren?