Die letzten Acht im Crucible

Posted on April 25, 2023 by Chris

Die Weltmeisterschaft im Crucible Theatre läuft auf der Zielgeraden ein. Nur noch acht Spieler kämpfen um die begehrte Trophäe in Sheffield. Zwei Debütanten, drei Spieler außerhalb der Top 16 und ein absolutes Top-Match stehen in der Runde der letzten Acht zur Verfügung. Schauen wir mal etwas detaillierter auf die Begegnungen.

Ronnie O'Sullivan - Luca Brecel

Dass Ronnie O'Sullivan im Viertelfinale der WM steht, ist in dieser Saison eigentlich keine Selbstverständlichkeit. Klar, der Engländer kann das Crucible wie kein Zweiter, aber die Saisonbilanz ist für seine Verhältnisse doch sehr bescheiden. Kein einziges Halbfinale bei einem Weltranglistenturnier sprang bisher heraus. Zu Buche stehen lediglich die Siege beim Hong Kong Masters und beim Champion of Champions, zwei Einladungsturnieren, beide innerhalb eines Monats gespielt. Die Saison von Luca Brecel war durchaus solide. Dem Turniersieg bei der Championship League zum Start folgte das Finale bei den English Open. Nichtsdestotrotz kommt der Lauf des Belgiers bei der WM durchaus überraschend, hatte er doch vor diesem Jahr kein einziges Match im Crucible Theatre gewonnen. Was zudem neben der Bilanz der beiden, die klar zugunsten von O'Sullivan ausfällt, gegen einen Sieg von Brecel spricht, ist dessen Unerfahrenheit und Abneigung gegen die ganz langen Distanzen. Kann der Belgier seine Lockerheit und Brillanz im Breakbuilding beibehalten, könnte das Halbfinale möglich sein, alles andere als ein Sieg vom Titelverteidiger wäre allerdings sehr überraschend.

Anthony McGill - Si Jiahui

Es ist das Viertel der Überraschungen, in dem sich die Favoriten um Judd Trump und Shaun Murphy nicht behaupten konnten. Das lag vor allem am konsequenten und furchtlosen Auftreten der beiden Viertelfinalisten. Während Anthony McGill nach einer verhaltenen Saison mal wieder bei der Weltmeisterschaft seine Bestform abrufen kann, scheint Si Jiahui sich noch nicht im Klaren, was er hier eigentlich erreicht hat. Der Chinese, der schon in der Qualifikation brillierte, zog mit Shaun Murphy wohl einem der ganz großen Favoriten in Runde 1 den Zahn und bestätigte das Ganze gleich auch in Runde 2. Si steht bereits in seinem ersten Tourkarten-Jahr in den Top 64 der Weltrangliste. Interessanterweise spricht die Bilanz der beiden klar für Si Jiahui, der alle drei Begegnungen gewinnen konnte. Ein weiterer Sieg des Chinesen wäre aber doch eine Überraschung, dafür spricht allein die Erfahrung und Form von Anthony McGill im Crucible Theatre. Das galt theoretisch aber auch schon für die beiden Runden zuvor.

Mark Allen - Jak Jones

Mark Allen scheint zum richtigen Zeitpunkt seine Form wiedergefunden zu haben, die ihn die erste Saisonhälfte dominieren ließ. Dem soliden Auftakt gegen Fan Zhengyi folgte ein überzeugender Triumph gegen Stuart Bingham. Drei Turniersiege plus ein weiteres Finale hat der Nordire in dieser Saison auf dem Konto, was ihn theoretisch zum klaren Favoriten in diesem Viertelfinale macht. Der Begriff "Theorie" kommt deshalb, weil Jak Jones bei seinem Debüt im Crucible unheimlich reif und furchtlos daherkommt. Mit Ali Carter schlug er zum Auftakt einen der formstärksten Spieler des Jahres, ehe ein souveräner Sieg gegen Neil Robertson folgte. Der Australier hatte mal wieder mit einem glänzenden Turnierstart aufwarten können, den er dann nicht bestätigte. Jones ist also gefährlich und Mark Allen wird gewarnt sein. Der Schritt zum One-Table-Setup sollte dem Nordiren dennoch etwas leichter fallen als seinem walisischen Kontrahenten.

John Higgins - Mark Selby

Es dürfte das Viertelfinale sein, auf das man sich mit neutralem Auge wohl am meisten freuen kann. Ein Aufeinandertreffen zweier absoluter Legenden, die beide die Trophäe im Theater der Träume bereits vier Mal in die Höhe stemmen durften. Während John Higgins eigentlich eine Saison zum Vergessen erlebte und erst in den letzten Wochen wieder in Form kam, blickt Mark Selby auf eine sehr solide Spielzeit mit zwei Titeln zurück. Und vor allem scheint der Jester aus Leicester derzeit mental in guter Verfassung zu sein, was seinem Spiel durchaus zuträglich ist. Es läuft noch nicht alles rund und vor allem gegen Gary Wilson hatte das Spiel des Engländers noch Luft nach oben, doch Selby wirkt willensstark, konzentriert und bringt im Grunde alles mit, um hier seinen fünften WM-Titel zu holen. Dem ist aber auch Higgins näher gerückt, was vor allem an seiner beeindruckenden Performance gegen Kyren Wilson liegt. Die Bilanz der beiden ist sehr ausgeglichen und gibt kaum Aufschluss zu einer Prognose. Interessanterweise ist es bereits das fünfte Aufeinandertreffen bei der Weltmeisterschaft (Bilanz 2:2). Somit erscheint das einzige, was klar ist, dass wir uns auf ein grandioses Viertelfinale freuen dürfen.